Watanabes aus Staufenberg sind seit 15 Jahren Bereitschaftspflegeeltern
Wenn Fujio Watanabe nach der Arbeit nach Hause kommt, dann kann es schon einmal vorkommen, dass ein fremdes Kind mit am Küchentisch der sechsköpfigen Familie sitzt. Denn Watanabes sind Bereitschaftspflegeeltern – sie kümmern sich um Kinder, die kurzfristig ein Heim benötigen. Einige Tage, Wochen, längstens jedoch ein Vierteljahr bleibt das Kind dann in der Familie, erhält neben Kost und Logis viel Zuwendung und Liebe. „So lange die Kinder hier bei uns sind, behandeln wir sie wie unsere eigenen“, sagt Vera Watanabe und hat wenig Scheu vor dem Umgang mit den fremden Kindern. „Doch bei jeder einzelnen Entscheidung, ein Kind aufzunehmen, steht immer das Wohl unserer eigenen Kinder im Vordergrund. Wenn also das Jugendamt anruft und um die Aufnahme eines Kind bittet, entscheiden wir gemeinsam, ob es gerade passt.“
Gepasst hat es in den letzten Jahren schon beinahe 50mal – so oft nämlich nahmen sich die Watanabes in Staufenberg eines Kindes an, das kurzzeitig ein Zuhause benötigte. Darüber sind die Mitarbeiterinnen beim Kreisjugendamt sehr dankbar, denn für sie ist es nicht immer leicht, eine passende Unterbringung für Kinder zu finden, deren Eltern sich gerade nicht ausreichend um sie kümmern können. Für Watanabes ist es eine Selbstverständlichkeit, zu helfen, wo Not ist. Sie tun es gerne – sagen aber auch einmal Nein, wenn es gerade nicht in die Lebenssituation der Familie passt.
Doch warum widmen sie und ihr Mann sich schon so lange und mit viel innerer Überzeugung dieser verantwortungsvollen Aufgabe? „Wir haben viel Platz – und wir sind Lebensrechtler, setzen uns für das ungeborene Leben ein“, holt Vera Watanabe ein wenig aus. Vor rund 15 Jahren wurden sie in diesem Zusammenhang mit der Frage konfrontiert, was sie für die Lebenden tun – eine Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen, der sich das engagierte Ehepaar stellte. Sie nahmen zunächst den 15jährigen Sohn eines deutschen Paares auf, das im Ausland im Missionsdienst tätig war. So konnte er in Deutschland seine Schulausbildung abschließen. Angespornt durch die gute Erfahrung mit dem Kreisjugendamt, das ihnen bei diesem privaten Pflegekind mit viel Rat zur Seite stand, bewarben sie sich anschließend als Bereitschaftspflegeeltern beim Kreis. Über die Zusammenarbeit mit dem Amt sind die Watanabes auch heute noch voll des Lobes, auch wenn die Formalitäten zunächst abschreckend auf sie wirkten.
„Doch es erweitert und bereichert das Leben ungeheuerlich, wenn man seine Tür aufmacht“, erinnern sie und ihr Mann sich schmunzelnd an viele kleine Anekdoten aus dem Zusammenleben mit ihren verschiedenen kleinen Gästen. Besonders eingeprägt haben sich ihnen auch die wenigen Tage, in denen sie einen schwer misshandelten Säugling in Pflege hatten, der auf keinerlei Reize reagierte. Doch nach zwei Tagen in der Familie, die ihm viel Zuwendung und Körperkontakt gab, begann das bislang teilnahmslose Kind zu reagieren und sich zu äußern. Diese positive Entwicklung setzte sich dann bei der Familie fort, die das Kind kurz darauf in Dauerpflege nahm und sich sehr um das Kind bemühte, weiß Vera Watanabe. „Meine volle Hochachtung, was die Pflegeeltern da geschafft haben – da geht uns immer das Herz auf, wenn wir ihn heute wieder sehen.“
„Wir haben die Kinder nicht um unsretwillen, sondern weil wir den Bedarf sehen“
Für die Kinder, denen sie bislang schon ein Heim geboten haben, sehen sie sich selbst nur als Übergangslösung. „Wir haben vier eigene Kinder“, begründet Vera Watanabe, weshalb ihnen die Trennung von den Kindern immer wieder gelingt. Dies vor allem, wenn das Kind wieder in seine Familie zurückkehren kann. „Wenn ein Kind in eine Dauerpflegestelle kommt, ist es schön, wenn man sieht, wie ihr Leben weiter verläuft“, meint Fujio Watanabe.
„Und das wirklich Tolle ist“, berichtet Vera Watanabe schließlich noch lebhaft, „dass sich unsere älteste Tochter in ihrem jetzigen Wohnort nun selbst als Pflegemutter für Kurzzeitpflege gemeldet hat.“ Darauf sind sie und ihr Mann sichtlich stolz und es bestätigt ihnen, mit der Bereitschaftspflege die eigene Familie nicht überfordert zu haben: „Es ist schön zu sehen, dass unsere Kinder das für gut befunden haben und nun selbst in ihr Leben übernehmen.“